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Interview:Santiago Ziesmer

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Im Sommer 2011 hatten wir die Gelegenheit, mit Santiago Ziesmer ein Interview zu führen. Santiago Ziesmer ist der deutsche Synchronsprecher von SpongeBob Schwammkopf und auch abseits der Serie eine echte Institution im Bereich Synchronisation und Schauspiel. Für unsere Fragen hat er sich sehr viel Zeit genommen, das Ergebnis stellen wir in den kommenden Wochenenden vor.

Teil 1

SpongePedia: Lieber Santiago, vielleicht kannst du den jungen SpongeBob-Fans, die sich vielleicht gar nichts darunter vorstellen können, was es bedeutet „SpongeBobs deutsche Stimme“ zu sein, kurz erklären, wie deine Arbeit eigentlich aussieht und was du genau machst.

Santiago: Ich arbeite als Synchronsprecher! Ich leihe meine Stimme einer Figur, aber keinen realen, sondern einer gezeichneten – einer sogenannten Trickfigur, die von mir eine Trickstimme bekommt. Das heißt, ich spreche nicht mit meiner normalen Stimme, sondern mit einer sogenannten Chargenstimme. (im SpongeBob-Slang) „Nicht, das ist also, wenn ich die Stimme verstelle und so und da bin ich da nun die Figur [er lacht wie SpongeBob]!“ – und das nennt man dann eine Charge! Und damit bin ich dann in einem großen Tonstudio. Da gibt es einen Regisseur, einen Tonmeister, einen Cutter – beziehungsweise eine Cutterin – und die passen alle auf, dass ich ordentlich arbeite. Der eine, sprich der Regisseur, ist dafür zuständig, dass ich die richtigen Texte spreche und dass ich die Texte auch so spiele, wie sie für die Situation gebraucht werden. Der Tonmeister achtet auf die Tonqualität, also Lautstärke oder Undeutlichkeiten, und die Cutterin kontrolliert, dass die Sprache zu den Lippenbewegungen passt; in SpongeBobs Fall zu den gezeichneten Mundbewegungen.

Bei der Aufzeichnung bin ich vor einem Pult, auf dem ich den deutschen Text in einem Textbuch habe, stehe vor dem Mikrofon und habe eine Leinwand oder einen Monitor vor mir, auf dem die Filmsequenzen ablaufen. Die einzelnen kurzen Teile eines Films nennt man dann einen Take. Take für Take wird dann die ganze Folge oder der ganze Film synchronisiert, wobei das so ist, dass ich zunächst den Originalton höre, damit ich weiß, was die Figuren im Original gemacht und gesprochen haben. Dann wird der Originalton ausgeschaltet, die Szene erneut gezeigt und dann die deutsche Version aufgenommen, mit meiner Stimme.

SpongePedia: Seit nun beinahe zehn Jahren bist du die deutsche Synchronstimme von SpongeBob. Durch deine markante Stimme hast du der Figur zweifelsohne mit zu ihrem Ruhm verholfen. Wie kam es aber dazu, dass ausgerechnet du ausgewählt wurdest, ihn zu sprechen? Gab es ein Casting, also einen Wettbewerb um die Rolle?

Santiago: Ja, es gab ein Casting. Und zwar kein normales, es war schon ein riesengroßes! Einfach, weil die Serie damals in den USA schon mit großem Erfolg angelaufen war und die Erwartungen in Deutschland sehr, sehr hoch waren – man wusste, dass das ein „Megading“ aus Amerika war und wollte das auch möglichst gut und adäquat und passend besetzen. Also möglichst nah am Original, damit sich der Erfolg hier in Deutschland auch einstellt. Dann haben sie in Deutschland – und zwar nicht nur hier in Berlin (Anmerkung: Heimatstadt von Santiago), sondern in mehreren Städten – eine Riesen-Casting-Aktion gestartet. Und alles, was gut und teuer war und überhaupt jemals Zeichentrick gesprochen hatte, ist bei diesem Casting für die einzelnen Figuren dabei gewesen. Der Auftrag für die Synchronisation war beim Studio „Deutsche Synchron“ gelandet, die das Ganze unter ihre Fittiche genommen hatte – und ich denke mal, die haben eine sehr, sehr gute Besetzung zusammengestellt! Wobei die Deutsche Synchron natürlich nur die Besetzungsvorschläge gemacht hat. Die endgültige Entscheidung über die Besetzung hat dann die Redaktion des Fernsehsenders getroffen.

Das Witzige war, dass ich ja bereits zuvor für Zeichentrick- und Comedyproduktionen gesprochen hatte und man beim Casting gar nicht so glücklich mit meiner Stimme war. Die Verantwortlichen wollten eine möglichst unbekannte Stimme haben, die aber nah an das Original herankommt. Also dachte man: „Mensch, der Santiago Ziesmer aus Berlin hat ja schon Steve Urkel in der Serie „Alle unter einem Dach“ gesprochen, mehrere Jahre lang, und war damit relativ bekannt …“ – man kannte die Stimme also schon von einer anderen Rolle. Das war ihnen erst gar nicht so recht! Letztendlich haben sie sich dann aber doch für mich entschieden, weil offensichtlich meine Stimmcharge am dichtesten am Original dran war. Also haben wir losgelegt und es war dann auch bei uns in Deutschland von Anfang an ein Riesenerfolg – toi, toi, toi! Wobei ich denke, dass das an der ganzen „Truppe“ liegt, da alle Hauptrollen sehr, sehr treffend besetzt sind – letztendlich ist es ein Erfolg des gesamten Teams.

SpongePedia: Wie du gerade meintest, war der gelbe Schwamm, der zusammen mit anderen Meerestieren in einer Ananas unter Wasser lebt, für das Nickelodeon-Studio ein großer Erfolg – aber auch ein neues Level an Skurrilität! Kannst du dich daran erinnern, wie du SpongeBob und seine Freunde fandest, als du dich zum ersten Mal näher mit der Serie beschäftigt hast?

Santiago: Ja! Ich muss zugeben, es gab eine Eingewöhnungsphase. Ich will ganz ehrlich sagen: ich konnte am Anfang nicht allzu viel damit anfangen. Ich denke aber, das ist vielen so gegangen. Und wer nur mal ganz kurz reingeschaut hat, hat dann vielleicht auch gleich weitergeschaltet und dachte: „Da kann ich nichts mit anfangen!“. Ich weiß noch, als ich von meinem ersten Castingtermin kam und zu Hause erzählte, was ich gemacht hatte: Ja, ich hatte ein Probesprechen, was war denn das; ich glaube, das war ein Käse, ja … so ein gelber Käse mit Löchern! Dann dachte ich: Nee, Moment! Das war kein Käse! Irgendwie unter Wasser mit einer Ananas … Aber irgendwie konnte ich das noch nicht zuordnen und bin dann wieder über den Namen gestolpert – SpongeBob. Ein Schwamm natürlich, das ist ein Unterwasserschwamm! Aber wie gesagt, das hat eine Eingewöhnungsphase gebraucht, bis man sich an die ganzen Figuren und die ganzen Skurrilitäten, wie z. B. die Hausschnecke, die miaut, – eine tolle Idee übrigens – gewöhnt hatte. Es war für uns Sprecher gewöhnungsbedürftig, und ich denke, für die Zuschauer sicher auch. Wenn man sich dann aber damit angefreundet hatte, ist man „hängengeblieben“.

SpongePedia: Du bist seit Jahrzehnten als Fernsehschaffender aktiv. Hast du zu Beginn deiner Arbeit an SpongeBob bereits geahnt, dass die Serie einen solchen Erfolg feiern und dich so lange begleiten wird?

Santiago: Nein – das hatte aber auch vom ganzen Team keiner gedacht. Wir haben gewusst, dass es etwas Besonderes war – vor allem durch die Skurrilität und die offensichtlichen Unterschiede zu anderen Zeichentrickserien. Ob es allerdings den Erfolg haben würde, zu dem es sich dann tatsächlich entwickelte, dahingehend waren wir uns überhaupt nicht sicher. Wir haben uns bemüht, das Beste zu geben und mit aller Ernsthaftigkeit die Arbeit anzugehen, trotz des Spaßes. Schlussendlich war es ein Zusammenspiel aus einer guten Vorlage, tollen Texten in der Übersetzung und einem Regisseur, der sich in die einzelnen Figuren hineinversetzte. Und natürlich, dass jeder Sprecher seine eigene Ausdrucks- und Sprechweise und seinen eigenen Sprachduktus beisteuerte. Ich denke, es kamen wirklich viele Faktoren zusammen, die das dann zum Erfolg gemacht haben – und das war absolut nicht vorhersehbar.

SpongePedia: Auch nach zwölf Jahren ist die Serie in den USA noch sehr erfolgreich, der Nachschub an Staffeln und Episoden ist also gesichert. Möchtest du pünktlich mit 65 in Rente gehen oder dürfen wir uns sicher sein, dass du der Serie so lange treu bleiben wirst, wie irgendwie möglich?

Santiago: Aber mit Nachdruck! Ich hänge sehr an der Serie und der Figur und möchte das so lange machen, wie es neue Folgen gibt. Und wenn nicht irgendetwas Unvorhersehbares passiert, dann spreche ich den Schwamm auch noch mit 70 oder 75. Versprochen!

SpongePedia: Im Zweifelsfall erinnern wir dich daran!

Santiago: (lacht) Nehmt mich beim Wort!

Teil 2

  • Hinweis: Teil 2 des Interviews erscheint am 15. Januar 2012

Teil 3

  • Hinweis: Teil 3 des Interviews erscheint am 22. Januar 2012
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